Beim Bibelteilen haben wir gestern eine Stelle aus dem Johannes-Evangelium gelesen. Am Ende des Textes fordert Jesus uns auf:
Liebt einander!
Wie ich euch geliebt habe,
so sollt auch ihr einander lieben.
Daran sind wir hängen geblieben.
Mich treibt heute noch die Frage um: Was heißt das, liebt einander? Ich wehre mich gegen etwas, das ich Eiapopeia-Liebe nennen möchte, einen anderen Menschen irgendwie ein bisschen liebhaben… Und
es darf auch nicht passieren, etwas mal eben mit dem „Mantel der Nächstenliebe“ zuzudecken. Ein solche Liebe hatte Jesus sicher nicht im Blick.
Liebt einander! Das wird manchmal auch wehtun. Dem der liebt und dem, der geliebt wird. Es kann auch Liebe sein, den Finger in eine Wunde zu legen oder eine eiternde Wunde aufzuschneiden. Nur so kann sie heilen. Und Eltern lieben ihr Kind auch dann, ja vielleicht gerade dann, wenn sie einen Wunsch nicht erfüllen oder strafen.
In meiner Ausbildung habe ich erfahren, wie wichtig Verstehen und mit gutem Willen geübte Kritik ist. Auch das kann Ausdruck einer Liebe sein, wie ich sie der Evangeliumsstelle entnehme.
Liebt einander! kann somit auch heißen einen anderen Menschen liebevoll darauf hinzuweisen, dass etwas anders ist, als es vielleicht sein sollte. Das kann Schmerzen für beide Seiten bedeuten und ist wohl immer eine Gratwanderung. Doch ist ein solches Tun manchmal wichtig und notwendig.
Ich denke, es kommt auf die Grundhaltung an, mit der wir uns begegnen; auf das Fundament unseres Miteinanders: Liebt einander, aber deckt nicht den Mantel der Nächstenliebe über das, was nicht gut ist. Habt Mut, ehrlich und liebevoll miteinander zu leben!